Montag, 28. Juni 2010

Wie konnte ich nur…

...meine Socken vergessen! Das war der erste Gedanke als ich in Mbeya, dem ersten Stopp unserer Reise, angekommen war. Mbeya ist im Westen Tansanias gelegen, auf 1600m Höhe, in der Nähe zur sambischen Grenze und gilt als die kälteste Stadt Tansanias. Und das zu recht! Und jetzt befinden wir uns noch dazu im Winter, also ist es noch einmal kälter. In Morogoro und Daressalaam fand ich ja den „Wintereinbruch“ ganz angenehm, statt 34°C „nur“ mehr 28°C (auch in der Nacht). Doch Mbeya glich einem Ausflug auf den Südpol. Innerhalb eines Tages machten wir einen Temperatursprung von über 20°C.

Die Fahrt dorthin zeigte uns klar und deutlich, dass wir jetzt ein anderes Terrain betraten. Die Palmen verschwanden aus der Pflanzenwelt und wurden ersetzt durch Laubbäume. Die Luft wurde deutlich kühler und trockener (und natürlich hatte ich meine Hautcreme auch nicht mitgenommen, wozu auch, ich hab sie ein Jahr lang nicht gebraucht - Lücke Nr. 2 auf der Packliste). Wir fuhren durch wunderschöne Bergtäler, die Vegetation erinnerte mich stark an Österreich und ich fühlte mich fast wie zu „Hause“. Heimwehstimmung kam auf…
Nach 6h Fahrt kamen wir in Mbeya an.

Nur mit Flipflops ausgerüstet, ohne Socken, nur einem leichten Pulli, aber dafür genug kurzärmliger T-shirts und Sonnencreme, dachte ich in Mbeya fast erfrieren zu müssen! Die Temperaturen in der Nacht (und in der Früh) waren gut unter 10°C. Und so blieb ich länger im Bett als geplant, denn ohne drei Decken um mich herum wäre jede Bewegung außerhalb lebensbedrohlich geworden.
Und ich begann darüber nachzudenken, wie ich denn jemals wieder einen kalten Sommertag in Österreich überleben würde bzw. noch schlimmer Herbst und Winter?? Und dann, wer hatte bloß die grandiose Idee gehabt keine Socken mitzunehmen? Ich glaub der Grund war, dass ich diese Teile in meinem Jahr in Tansania nicht ein einziges Mal gebraucht hatte, jedoch oft mit hatte, und diesmal beschlossen hatte endlich mal keine überflüssigen (fürs „sicher ist sicher“) Kleidungsstücke mitzunehmen.

Nachdem die Sonne dann draußen war, konnten wir uns im Pulli eingepackt der Stadtbesichtigung widmen. Sehenswürdigkeiten wie in Europa (alte Schlösser und Burgen, Museen, Kirchen, usw.) gibt es hier (in Tansania) nicht. Es sind die Menschen, ihre Art zu leben die man hier kennen lernen kann.

Die Stadt war irgendwie anders als die, die wir bis jetzt gesehen hatten. Zum einen kühler und schon alleine dadurch fühlte ich mich irgendwie mehr wie zu Hause, so als ob diese Stadt irgendwo in Europa gelegen wäre. Sie war umgeben von Hügeln und in weiter Ferne konnte man auch Berge sehen. Die Vegetation erinnerte an "dahoam". Laubbäume und Sträucher. Als ich so in die Weite blickte, kam es mir vor als würde ich Weinberghänge sehen und (mit etwas Phantasie) irgendwo in den Wiener Bergen unterwegs sein. Mir wurde bewusst, wie viel das Klima, die Temperatur, einen Menschen prägt und zum Heimatgefühl beiträgt. Auch der Geruch war anders, weil eben die Luft kälter war und auch dieser erinnerte mich an Österreich. Jetzt könnten einige meinen, das alles liegt nur daran, dass ich bald nach Hause fliege. Vielleicht, aber ich denke es nicht. (Obwohl ich mich schön langsam sehr auf meine Rückkehr freue :-))

Wir wohnten in einer Pfarre der Spiritaner oder Holy Ghost Fathers. Dort fanden wir sofort Anschluss an das Pfarrleben und waren am Abend gleich Teil einer Hochzeitsfeier. Als Weiße waren wir natürlich die Ehrengäste schlechthin (und waren mit unseren Flipflops und abgetragenen T-shirts absolut underdressed! Die Packliste zeigte also eine weitere Lücke auf… doch unsere weiße Hautfarbe kompensierte das alles...) Hochzeit feiern ist in Tansania ein Fest und Ritual für sich. Da geht nix mit Trauung in der Kirche und dann schnell mal Feier in einem Lokal. Nein, hier dauert das Ganze ein paar Tage. Es ist ganz klar (den Tansaniern zumindest) welche Familie (der Braut oder des Bräutigams) für welchen Tag (finanziell) verantwortlich ist, was wann mit wem und wo passiert. Die Trauung in der Kirche ist somit nur ein Element unter mehreren und kommt eher zum Schluss, gefolgt von einer großen Feier für alle. Die Tage davor gibt es eine farewell-Party für die Braut, doch diese ist mehr als nur ein Polterabend. Da sind alle Tanten und weiblichen Familienmitglieder versammelt und die Braut wird in die letzten Geheimnisse der Ehe und die Pflichten einer Ehefrau eingeführt. Dann holt irgendwann (an einem anderen Tag) der Bräutigam die Braut, es findet ein Familienfest statt und da gibt es auch ganz besondere Regeln. An einem Tag geht die Braut mit ihrer Familie zum Bräutigam und seiner Familie mit einem „Geschenk“. An einem anderen umgekehrt. Tja, und dann ist irgendwann auch schon der kirchliche Teil und am Abend dann halt die ganz große Party. Oder so ähnlich. Zumindest ist das alles a bisal komplizierter als bei uns. Wir waren bei irgendeinem Hochzeitsteil dabei, der im Hause der Braut stattfand (und nur für Familienmitglieder war) und dann bei der großen Feier nach der eigentlichen Trauung. Kaum angekommen (wir waren einen Tag in Mbeya) und schon Mitglied einer großen Familie. So schnell kann das gehen :-)

An Sonntag nach Fronleichnam wurde dieses Fest in Tansania gefeiert. Das wollte ich mir natürlich nicht entgehen lassen. Ich merkte, dass Prozessionen nicht so verbreitet waren bzw. keine Tradition hatten, zumindest nicht in allen Gegenden. In unserer Pfarre gab es eine kleine aber feine :-) Es war schon irgendwie lustig... die weiße Hostie umgeben von nur schwarzen Gesichtern...
Ich hoffe bald ein paar Fotos in meine Fotogalerie hoch laden zu können.

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