Montag, 28. Juni 2010

Weiter ging's nach Sambia

Von Mbeya aus ging es mit einem Daladala (=VW Minibus) nach Tunduma, das die Grenzortschaft zwischen Tansania und Sambia ist. Zischen LKWs, allen möglichen Autos, rufenden Händerln, X Menschen die uns Geld wechseln oder sonst was andrehen wollten, fanden wir doch tatsächlich das Immigration Office in dem wir uns auf tansanischer Seite einen Ausreisestempel holten und auf sambischer Seite einen Einreisestempel. Um unser Visum hatten wir uns schon vorher in Dar gekümmert und hatten (vielleicht deswegen) erstaunlicher Weise keine Probleme an der Grenze, d.h. keine Korruptionsversuche und dergleichen. Wir suchten uns, auf sambischer Seite angelangt, dann einen großen Bus, um damit nach Lusaka (Hauptstadt Sambias) zu kommen.

Der Bus fuhr am späten NM ab und kam in Lusaka am darauf folgenden Morgen in der Früh an. Wir hielten es für eine „geniale“ Idee über Nacht zu fahren, da wir dann ja schlafen konnten und uns die Busfahrt nicht so lang und beschwerlich vorkam. Nicht gerechnet hatten wir jedoch mit dem afrikanischen Winter und einer fehlenden Fensterscheibe im Bus. Letztere war zwar mit irgendeiner Pappe provisorisch gekittet worden, aber die Luft wehte trotzdem ungebremst rein. Das digitale Thermometer im Bus (man beachte die Existenz eines solchen in einem sambischen Bus!) wanderte von 30°C bei der Abfahrt des Busses zu 5°C in der Mitte der Nacht. Unsere Kleidungsgarderobe hatte noch immer keinen Zuwachs an Wollpullis, Socken, Heizdecken und sonstigem dieser Art bekommen und so sah ich in einer Vision den Header in den europäischen Zeitschriften: „Missionarin auf Zeit in Afrika erfroren“…

In Lusaka angekommen war uns klar: wir müssen uns Socken kaufen! Es war saukalt, meine Zehen der Bewegung nicht mehr fähig und mein Glaube ob sie jemals wieder auftauen würden wankte. Wir begaben uns auf die Suche nach unserer Unterkunft – durch den echt guten Kontakt, der sich mit den Spiritanern aufgebaut hatte, stand für den Vizeprovinzial von Tansania außer Diskussion, dass wir ihre Häusern in Sambia aufsuchen mussten - leichter gesagt als getan (denn die Auskunft, dass sich ihr Haus in der Nähe einer Schule befindet, noch immer nicht aussagt WO in der Nähe). Schlussendlich, nach einem Stopp bei den Minoriten, einem warmen Tee und einer wertvollen Unterhaltung über Unterschiede zw. den verschiedenen afrikanischen Ländern und ihren Kulturen, wurden wir abgeholt und zu unserer heißen Dusche gebracht :-) Dem Auftauen stand also nichts mehr im Wege…

Danach fing das „Stadtbesichtigen“ an. Wir sahen sofort, dass Sambia um einiges besser entwickelt war als Tansania, es gab Hochhäuser, Einkaufszentren, Fastfood-Ketten,… Die Menschen, denen wir begegneten, waren im Durchschnitt höher gebildet. Wir merkten auch die Unterschiede in der Sprache. Englisch ist die offizielle Sprache Sambias und wir ernteten nur verdutzte Gesichter als wir ganz automatisch mit Kisawahili anfingen. Englisch war angesagt.
Ein weiterer für uns sehr netter Unterschied war, dass die Autos ALLE bei Zebrastreifen stehen blieben und die Fußgänger vorüber ließen. So etwas ist mir in ganz Tansania noch NIE passiert. Die Autos hielten übrigens auch bei roten Ampeln...

Von Lusaka ging es weiter nach Livingstone. Dort gibt es die Viktoria Fälle (Link). Das sind die größten Wasserfälle der Welt (110m hoch und über 1,7km breit, im Vergleich dazu sind die Niagara Fälle nur 51m hoch und 1,2km breit). Diese Wasserfälle waren ein Erlebnis für sich! Wow! Wir verbrachten ein paar Tage in Livingstone und gönnten uns einen Tag bei den Wasserfällen. Die ganze Luft in der näheren Umgebung der Wasserfälle war feucht und wir wurden nass, als ob wir im Regen gegangen wären. In Livingstone besuchten wir auch ein Museum, ja richtig gelesen Museum. Genau genommen das Livingstone Museum. Es war so ein richtiges Museum und ich begann mich zu fragen, ob ich so etwas in Tansania schon über den Weg gelaufen bin... bis jetzt nicht.
In Livingstone wohnten wir in einer Pfarre der Spiritaner und so besuchte ich dort den Gottesdienst. Es war sehr interessant die Liturgie zu erleben und einige Unterschiede zum Gewohnten, so z.B. standen die Menschen nicht beim Lesen des Evangeliums, sondern setzten sich, da es in ihrer Kultur von ganz großem Respekt zeugt, wenn man sich hinsetzt uns zuhört. D.h. bei wichtigen Dingen sitzt man und hört zu. Und was kann wichtiger sein als das Evangelium?, wurde mir nachher erklärt. Stehen würde "unhöflich" wirken. Dann gab es noch was weiteres: Beim Hochgebet, aber auch bei der Begrüßung, bei den Worten "Der Herr sei mit euch", antworteten sie "und mit Deinem Geiste" und klatschten dabei in die Hände. Nach der Messe wurde ich (natürlich) vorgestellt und von allen (jedem persönlich) begrüßt, wie das bei ihnen der Brauch ist. Und dabei sagten sie "Herzlich Willkommen!" und klatschten auch in die Hände. Danach wurde mir erklärt, dass das hier der Brauch ist, um auszudrücken, dass jemand sehr willkommen ist. Man klatscht also in die Hände. Dadurch wurde mir so einiges in der Liturgie klarer ;-)

Von Livingstone ging es dann auch schon wieder zurück nach Tansania, Morogoro. Doch so schnell wie sich das jetzt vielleicht liest ging das nicht. Wir beschlossen, der Fahrten mit dem Bus und der Schmerzen in unseren Wirbelsäulen schon überdrüssig, mit dem Zug zurück zu fahren. Es gibt die bekannte „TAZARA“ (=Tanzania Sambia Railway), welche Kapiri Mposhi (3h mit dem Bus nördlich von Lusaka) mit Daressalam verbindet. Informationen über Abfahrtszeiten, Fahrzeiten im Allgemeinen, Preise, Reservierungsmöglichkeiten und ob der Zug überhaupt noch fährt, schien unmöglich im Vorhinein zu bekommen. Das Office in Lusaka hatte eine Staubschicht von zwei Jahren als wir es aufsuchten und die Damen im Touristoffice kannten sich auch nicht aus. Ok, wir beschlossen dann einfach, den Busreisen wirklich schon überdrüssig, das ganze einfach auf gut Glück zu probieren und den Infos auf den zwei Jahre alten und vergilbten Zetteln vor dem vor zwei Jahren geschlossenen Office zu vertrauen. Diesen zufolge fuhr der Zug zweimal die Woche, Dienstag und Freitag um 16 Uhr. Wir probierten es mit Dienstag und fuhren nach Kapiri Mposhi und tatsächlich: es gab einen Zug. Das Ticket (1. Klasse), mit Liegewagen für eine zwei Tagereise (über 1.800 km) kostete umgerechnet ca. 30€. ( Anm.: Die 1. Klasse in diesem Zug würde in Österreich der 3. oder 4. Klasse entsprechen.) Mit zwei Stunden Verspätung (wie kann es anders sein – Welcome to Africa) fuhren wir ab. Die Fahrt war nett, wir fuhren durch wilde Landschaften und fühlten uns wie im Orientexpress. Der Vorteil zum Bus lag auf der Hand: wir konnten uns frei bewegen, uns hinlegen, im Speisewagen was essen,… Die Fahrtzeit von zwei Tagen wäre mitm Bus wäre nicht weniger gewesen.

Unser Schlafwagen war auch sehr komfortabel und vor allem sehr sozial ausgerichtet: wir waren nie alleine. Wir hatten immer einige Kakerlaken zu Besuch, welche sich einfach nicht ausladen ließen und es schien, dass sie bei jedem Toten in ihren Reihen mit einigen mehreren zum Begräbnis kamen...

Natürlich verkleinerte sich unsere Verspätung während der Fahrt nicht, sondern wurde nur größer. Am Donnerstag am Abend kamen wir in Dar an und am Freitag ging es zurück nach Morogoro. Wir brauchten für die Fahrt von Livingstone „nur zurück“ nach Morogoro also nur fünf Tage. That is Africa!

Das Resümee: Drei Städte, zwei Länder in zwei Wochen. (Macht man das in Europa nicht an einem Wochenende?)

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